Alte Schule Brandenburg im Interview: Wie es ist, eine attraktive Ferienwohnung zu führen
Kaum ein Nebengewerbe ist für viele mit mehr oder weniger freiem Wohnraum attraktiver als das der zeitweisen Vermietung. Die Airbnb Wohnungen sprießen aus der Erde wie Pilze. Bei der Wahl der Unterkunft bleiben dem Reisenden keine Wünsche offen.
Neben einzelnen Zimmern gibt es ganze Häuser oder gar umgebaute Bauwagen und sogar in Jurten kann man schlafen. Vor allem prägen dabei aber leider immer noch kahle Räume, alte Möbel, die weder als Vintage, noch als retro bezeichnet werden können und bunt zusammengewürfelte Textilen die deutsche Ferienbranche.
Oft fehlt es den Vermietern an Zeit, Geld und vor allem an Ideen, wie man die eigene Ferienunterkunft attraktiver gestalten kann. Eine, von der wir uns eine große Portion Ideenreichtum abschneiden können ist Corinna Kassner, die Inhaberin der Alten Schule Brandenburg. Auf sie aufmerksam wurde ich über Instagram. Ihr Account ist eine absolute Bereicherung in den Bereichen Inneneinrichtung und Vermietung. Nicht zu vergessen sind ihre Hühner!
Corinna war so lieb mir ein paar Fragen zu beantworten, wie sie zu ihrem wunderschönen Haus gekommen ist, wie es war die ersten Gäste zu empfangen und wie sie die ganze Lage rund ums Vermieten zu Zeiten von Corona sieht.
Alles auf Anfang…
Wolltest du schon immer eine Ferienwohnung betreiben? Wie bist du darauf gekommen?
Vor ca. 15 Jahren, als ich schon immer schöne Bed&Breakfasts recherchiert habe, bevor es Airnbnb gab, war ich in so schönen bezahlbaren Unterkünften, dass ich damals dachte, ach Mensch, das würde ich auch gerne irgendwann machen. Das ist mir aber neulich erst wieder eingefallen und dazwischen total in Vergessenheit geraten.
Jetzt war es einer beruflichen und privaten Veränderung geschuldet, dass ich einfach umdenken wollte/musste, was ich mit dem Haus anstelle, welches ich kurz davor gekauft hatte.
Warum gerade die alte Schule?
Einer meiner Brüder hat seit über 20 Jahren sein privates Ferienhaus im selben Ort und mein anderer Bruder ein Ort weiter. Somit kenne ich die Gegend schon sehr lange. Als es mich dann selbst nach Berlin verschlagen hat, habe ich bei einem Besuch im Ferienhaus einer meiner Brüder fallen lassen, dass ich vielleicht auch nach einem Haus Ausschau halten sollte. Das war eigentlich einfach aus dem Moment heraus, weil wir gerade bei schönstem Sonnenschein einen Spaziergang gemacht haben und alle bester Laune waren und war eher spontan.
Dann hat mein Bruder mich 2 Wochen später angerufen und gesagt, dass eines der schönsten Häuser im Dorf frei wird… Danach hat es sich aber noch 1,5 Jahre gezogen, bis alles geklappt hat.
Musstest du viel in die Renovierung investieren? Hast du viel selbst gemacht?
Für mich viel, für andere wahrscheinlich Peanuts. Ich habe versucht viel Upcycling zu machen, aber nichtsdestotrotz, läppert es sich ja dann doch alles. Aber ich benötigte zum Glück weder Geld für Dach noch Fenster, z.B.…
Das was ich selber hinbekomme, habe ich versucht selber zu machen (Türen und Böden schleifen und streichen, Tapeten abziehen, etc.). Aber ab und zu musste dann doch ein Handwerker nochmal nachbessern. Aber es waren auf jeden Fall Handwerker am Start, die auch super viel gemacht haben.
Ich habe 1,5 Jahre gebraucht bis das Haus bezugsfähig war. Mit mehr Geld und weniger Eigenleistung wäre das natürlich viel schneller gegangen …
„Ich liebe Interior-Design und Reisen und suche, da wo möglich immer Unterkünfte, die mich inspirieren.“
Es geht los …
Erzähle uns doch bitte von deinen Gefühlen, Ängsten und Gedanken, als es wirklich ernst wurde und die ersten Gäste gebucht haben.
Ich habe mich natürlich unfassbar über die ersten Buchungen gefreut und hatte aber auch Angst, dass ich irgendwas Wichtiges vergessen habe oder dass die Gäste etwas vermissen.
Ich frage aber bis heute noch nach jeder Buchung, ob es Verbesserungsvorschläge gibt und wäge dann ab, was davon ich umsetze oder nicht.
Da ich das Haus ursprünglich nur für mich eingerichtet habe und es daher viele persönliche Dinge enthält und mit viel Herzblut und Schweiß entstanden ist, war ich natürlich angespannt, ob die Gäste respektvoll damit umgehen werden.
Hast du Dienstleistungen wie Fotografen/Innenarchitekten/Webdesigner etc. in Anspruch genommen um deine wunderschöne Website zu erstellen?
Ab der 2. Presseanfrage, habe ich eine Fotografin mit ins Boot geholt, damit ich nicht wie bei der 1. Zeitschrift Handyfotos schicken musste.
Ich hatte keinen Innenarchitekten, weil ich mich da frei entfalten wollte, ich gar kein Geld dafür hatte und dass das Schönste an dem ganzen Projekt war, mich austoben zu können.
In einen Webdesigner wollte ich auch kein Geld investieren und habe die Seite mit Wix.com erstellt.
Da ich relativ schnell Fotos von einer Fotografin hatte, kann ich nichts wirklich zu einer Veränderung im Buchungsverhalten sagen. Die größte Veränderung kam, als ich bei „Urlaubsarchitektur“ aufgenommen wurde.
Wie bist du die Preisgestaltung angegangen?
Ich habe einfach recherchiert was andere so nehmen und habe mich gefragt, was ich dafür zahlen würde. Ich weiß es gibt ganz großartige Tools dafür, aber auf dem Land funktionieren die nicht so richtig.
Auf welchen Portalen findet man die alte Schule?
Auf Airbnb und Urlaubsarchitektur (Urlaubsarchitektur verlinkt aber auf meine Website).
Und heute?
Wie lange hat es gedauert, bis sich die ersten Gäste bei dir gemeldet haben?
Ich habe die Inserate bei Airbnb am späten Nachmittag eingestellt und als ich am nächsten Morgen aufgewacht bin hatte ich die erste Buchung.
Das witzigste war, dass ich immer Jungesellinnenabschiede im Auge hatte und meine Familie kein Verständnis dafür hatte, warum ich glaube, dass es interessant für JGAs sein sollte und die erste Buchung war dann direkt von einem JGA. Ich dachte wirklich ich bin bei der versteckten Kamera.
Wie wirbst du für dich?
Ich bin sehr aktiv auf Instagram.
Ganz am Anfang haben zwei Unternehmen aus der Region (INSL & muckout.de) und ich einen Influencer Event durchgeführt, um die Region und uns zu stärken. Das war auch ein super Aufschlag.
Ich habe auch Postkarten, die in einem Restaurant und mal bei einer Hochzeitsmesse auslagen. Da könnte ich auf jeden Fall nochmal mehr machen.
Ansonsten hatte ich das Glück, dass ich einige redaktionelle Integrationen bekommen habe und so kostenlose Werbung hatte und es sich mittlerweile auch durch Mundpropaganda rumspricht.
Wie nutzt du Instagram als Werbung? Stehst du dort in regem Austausch mit Gästen und hast du eine Instagram Strategie?
Ich poste viele Bilder vom Haus, den Hühnern, der Umgebung. Außerdem lasse ich alle teilhaben, in den Stories, wenn ich etwas renoviere und ich würde sagen, es ist schon etwas persönlicher und intimer, als manch anderer Ferienhaus-Account.
Ich merke, dass mich vermehrt Leute anschreiben, die sagen, dass sie mir schon länger auf Insta folgen und jetzt endlich mal buchen wollen. Deshalb merke ich, dass es auf jeden Fall ein Mehrwert ist.
Wenn ich ein Wochenende privat dort mit Freunden verbringe und das gesamte Wochenende poste, was wir tolles machen (von Feuerstelle, Hängematte, Ruderboot und Stand-Up, Sternenhimmel, etc.) vermitteln die Fotos, das natürlich auch viel besser, als wenn ich das in einem Text schreibe. Da bekommen meine Follower glaube ich noch mehr Lust auch so ein schönes Wochenende dort zu verbringen …
Wie findest du Unternehmenspartner, mit denen du zusammen deine Erlebnis Pakete anbietest?
Die Bastelworkshops wollte ich zuerst selbst anbieten. Und dann hat meine Schwester mir einen Link zu einem Weihnachtsmarkt in der Region geschickt und so habe ich die muckout.de Mädels entdeckt. Ich habe mir die Website angeschaut und dachte, das ist ja genau mein Style! Und dann habe ich sie einfach angeschrieben und sie kamen dann vorbei und wir haben ausgiebig gequatscht und da war sofort klar, dass ich den Teil in ihre Hände abgebe.
Den Konditor Ronald Lemm habe ich auf meinem Existensgründer-Seminar der REG kennengelernt und die Yogalehrerin auf einem Gründerinnenstammtisch der Region. Es ist auf jeden Fall hilfreich sich zu vernetzen.
Rein auf Businessebene gesehen: Siehst du Corona als Chance oder als Herausforderung?
Als Chance, sobald man wieder vermieten darf, weil viele erstmal in Deutschland Urlaub machen wollen und einem die Bude eingerannt wird.
Als absolute Herausforderung in Zeiten vom Beherbergungsverbot, weil Ferienhäuser kein Gewerbe anmelden müssen und somit durch das Raster für die Soforthilfen, etc. fallen.
Vielen Dank für deine wertvollen Antworten und die viele Zeit, die du dir zur Beantwortung meiner Fragen genommen hast! Ich wette, es gibt einige Ferienhausbetreiber, die dich als große Inspiration sehen.
Auf bald!
Eure Sarah